Publikationen

Publikationen


Bücher

Ulrike Zubal, Der Schlittschuhläufer, 2021

Ulrike Zubal, Der Restaurator, 2017

Ulrike Zubal, Klingstedts Schachtel, Hörbuch, 2011

Ulrike Zubal, Damenopfer, 2007

Ulrike Zubal, Fromet oder die Aufklärung, 2001


Bücher

Hans-Volkmar Findeisen, Verlorene Weiten. Streifzüge durch den Wilden Osten.
Reportagen 1999 

Hans-Volkmar Findeisen, Joachim Kersten, der Kick und die Ehre – vom Sinn jugendlicher Gewalt, 1999

Hans-Volkmar Findeisen, Auf der Spitze des Zauns. Eigenartige Begegnungen.
Reportagen 1997


Reportagen

Hans-Volkmar Findeisen: Man braucht das ganze Dorf, um ein Kind zu erziehen
Hörbuch-Download MP3, gelesen von Heiner Heusinger, Elisabeth Findeisen u.a. 

Hans-Volkmar Findeisen: Bruce will es, Idar-O.
Hörbuch-Download MP3, gelesen von Frank Stöckel

Hans-Volkmar Findeisen: PISA im Blaubeerwald
Hörbuch-Download MP3, gelesen von Axel Gottschick, Christiane Weiss

Hans-Volkmar Findeisen: Vom Schwinden der Erfahrungen und der Überfahrungen
Hörbuch-Download MP3, gelesen von Susanne Heydenreich, Wolfgang Klar u.a.

Hans-Volkmar Findeisen: Russland – Ein Kindermärchen
Hörbuch-Download MP3, gelesen von Wolfgang Klar, Axel Gottschick

Hans-Volkmar Findeisen: Ein Kindertorso in der Themse
Hörbuch-Download MP3, gelesen von Rudolf Guckelsberger, Susana Fernandes-Genebra u.a. 

Hans-Volkmar Findeisen: Der Stuttgarter Bahnhof lebt
Hörbuch-Download MP3, gelesen von Frank Stöckle

Hörbücher von Hans-Volkmar Findeisen, SWR Feature, SWR Edition 

Hans-Volkmar Findeisen, Trommel aus dem Eis. Auf der Spur einer Schamanentrommel,
Zeitschrift für Anomalistik, Bd. 11, 2011, S. 26-77


Ulrike Zubal, der Aufstand der Wirklichkeiten – eine Untersuchung zum Wandel der Handlungslogik in den deutschen Bauernaufständen des ausgehenden Mittelalters und der Frühen Neuzeit, von der Fakultät für Geschichts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) genehmigte Abhandlung, 1985

Die 1985 auf microfiches veröffentlichte Dissertation verfolgt einen konstruktivistischen Ansatz. Er fragt nicht nach den „objektiven“ Ursachen des Deutschen Bauernkrieges von 1525/26 und der Aufstände  im 15. und 16. Jahrhundert, sondern versucht die Konflikte herzuleiten aus unterschiedlichen Wirklichkeitsentwürfen der am Konflikt beteiligten Personengruppen. Anhand eines strukturalen Vergleichs schriftlicher Quellen, die drei Bereichen (Mathematik, Gesellschaft, Recht) entstammen, werden die gedanklichen Muster herausgearbeitet. Folgenden Fragestellungen wird nachgegangen: wie muss ich handeln, um zu einem richtigen Rechenergebnis zu kommen, um einen gnädigen Gott zu bekommen, genereller, um Erfolg zu haben? Wie soll aus der Sicht der jeweiligen Akteure eine gute Gesellschaftsordnung aussehen, und wie werden Aufstände begründet? Wie soll Recht gesprochen werden?

Drei unterschiedliche Wirklichkeitsentwürfe kristallisierten sich aus den Texten heraus (Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen): zum einen ein archaisch anmutendes Denkmodell der bäuerlichen Bevölkerung, zum anderen der Wirklichkeitsentwurf der spätmittelalterlichen Obrigkeiten, des Adels und katholischen Klerus´, und zum dritten Vorstellungen von Modernisierern, klerikalen Reformern, Intellektuellen, Frühkapitalisten.

Modernisierer:
Zentral bei der zuletzt genannten Personengruppe ist der Gedanke eines absoluten Elementes, das alle anderen Elemente dominiert. Es ist definiert als ein Meta-Element, das per definitionem „ist“, das „nicht ist“, das „alles bewirkt“, selbst dann, wenn es nicht erscheint. Auf dieses eine zentrale und absolut vorgestellte Element sind alle anderen bezogen, vor ihm sind sie gleich, es positioniert sie im Raum, der nun als eigenständige Größe gedacht wird (Erfindung des homogenen isotropen Raumes). Das diesem Denken entsprechende Handlungsmuster unter-scheidet analytisch zwischen dem Tun, dem Wie des Tuns (Moral) und seiner Wirkung. Es arbeitet schriftlich (Verschriftlichung, Überprüfbarkeit). Von nun an ist das Handeln zweck-gerichtet. Die zur Lösung notwendigen Handlungsschritte werden auf ein absolut notwendiges Minimum reduziert  und sind von Anfang an festgelegt (Instanzenzug, Effektivität). Der Nachteil dieses Denkens ist sein hoher Abstraktionsgrad.
Mathematik: Erst im 15. und 16. Jahrhundert wird das indisch-arabische Rechnen mit der Null (sog. dezimales Positionssystem) in Mitteleuropa allgemein bekannt. Die Null ist ein Element, das „ist“ (20 ist zwanzig), das „nicht ist“ (2 + 0 ist zwei), das „alles bewirkt“, auch wenn es nicht erscheint (23, dreiundzwanzig, die Null definiert die 2 als 10er Potenz, die 3 als Einer-Stelle). Das schriftliche, Abstraktionsvermögen fordernde Verfahren setzt Schulbildung voraus (Verschulung). Die für eine Rechenoperation notwendigen Handlungsschritte werden zu Beginn festgelegt. Das Verfahren führt von einfachen zu komplexen Handlungsschritten (Addition – Division). Es ist überprüfbar (effektiv). Ein Vergleich der Null mit dem Fluchtpunkt in der Perspektivmalerei drängt sich auf.
Gesellschaft: Der frühneuzeitliche absolutistische Staat mit räumlichen Grenzen entsteht. Er wird dominiert von einem absoluten Herrscher, vor dem alle gleich sind. Zentralistische Organisationsformen kommen auf. Das Handeln wird zweckorientiert, effektiv: „der Zweck heiligt die Mittel“, (Philippe de Commines, 1524). Wirkung ist eine von der Qualität unabhängig zu denkende Kategorie, anders formuliert: moralisch negativ zu bewertende Werke können eine positive Wirkung zeitigen. Vertragsbruch ist erlaubt, sofern er zweckdienlich ist. Sachliche Herleitungen und Monokausalität bestimmen die Handlungsanalyse.
Bei den Reformatoren kommen absolute Gottesvorstellungen auf. Gott offenbart sich schriftlich, „sola scriptura“. Luthers Lehre von der Ineffektivität der guten Werke revolutioniert das Handeln. Eine Gehorsamspflicht gegenüber der absolut definierten Obrigkeit wird proklamiert. Vermittelnde Instanzen werden aufgehoben, Versachlichung, Säkularisierung, Entzauberung kennzeichnen die neue Gesellschaftsordnung.
Recht: Es zeichnet sich eine Tendenz zur Verschriftlichung des gesamten Rechtswesens ab. Die einzelnen Instanzen werden in eine zwingend vorgeschriebene Abfolge gebracht und vereinheitlicht (Instanzenzug).

Feudale Obrigkeiten:
Bei den feudalen Obrigkeiten herrscht die Auffassung vor, dass die handelnden Elemente hierarchisch in Gruppen angeordnet sind und sich durch unveräußerliche Eigenschaften auszeichnen. Zwischen qualitativ oben stehenden und qualitativ an unterster Stelle stehenden Elementgruppen ist eine vermittelnde Ebene zwingend vorgegeben. Nur dasjenige Handeln ist erfolgreich, das der angeborenen Qualität des Handelnden entspricht. Eine solche Handlung glückt, hat Erfolg, „ist“. Eine diesem Gedanken zuwider laufendende Handlung missglückt, hat kein Ergebnis, „ist nicht“. Es besteht qualitative Übereinstimmung zwischen handelndem Element, Handlung und Resultat (zweikategoriales Denken).
Mathematik: Gerechnet wird mit Rechenpfennigen. Das sogenannte Münzbrettrechnen kennt zwei Raster: ein quantifizierendes, ein qualifizierendes. Eine Zahl ist eine aus mehreren Rechenpfennigen gebildete Gestalt (Quantität), die einem qualitativ (historisch) definierten Feld (Münzwert) angehört. Es sind drei Felder, die sich hierarchisch anordnen. Die Abfolge der Handlungsschritte ist beliebig. Eine einzige Handlungseinschränkung besteht: Gestalten aus dem hierarchisch untersten Feld können nur über den mittleren Bereich mit dem hierarchisch höchsten Feld in eine Beziehung gebracht werden (Vermittlungsgedanke). Das Verfahren unter-scheidet zwischen der Handlung, dem eigentlichen Rechenvorgang (Zählen und Umrechnen), und seiner Notierung in römischen Ziffern.
Gesellschaft: Sie ist ein Miteinander von Personenverbänden, die hierarchisch angeordnet sind (Ständepyramide). Handlungen wie zum Beispiel Erhebungen seitens der Bauern werden herge-leitet aus den Eigenschaften der Personen. Analogiedenken und additive Reihung bestimmen die Abfolge der einzelnen Handlungsschritte. Erfolgreiche Herrschaft beruht auf der Aktivierung fürstlicher Tugenden.
Gott wird substantialisiert vorgestellt. Es gibt Gott qualitativ näherstehende Personen (Klerus), Orte (Wallfahrtsorte), Dinge (Reliquien), die eine vermittelnde Funktion haben. Die Lehre von den guten Werken ist vorherrschend.
Recht: Unterschiedliche Rechtsformen existieren nebeneinander: kanonisches Recht, Kaiserrecht, Privilegien, mündliches Gewohnheitsrecht. Das Berufungsverfahren ist nicht einheitlich geregelt.

Bauern:
Aus den schriftlich überlieferten Beschwerden der deutschen Bauern lassen sich folgende Denkfiguren herausarbeiten: das Denken der dem alten Herkommen verpflichteten Bauernschaft ist einkategorial. Es ist ein kontextuelles Denken, ein Denken in Handlungs-zusammenhängen. Handlungen werden assoziativ miteinander verknüpft. Der Raum wird als Bewegungszusammenhang gedacht.
Gesellschaft: Sie besteht aus prinzipiell egalitär konzipierten Kollektiven, die lokal begrenzt sind und in denen den Alten eine wichtige Stellung zukommt. Handlungen werden danach bewertet, ob sie gemeinschaftsbezogen sind oder nicht (Konsens). Auch die Herrschaft wird auf die Gemeinschaft verpflichtet.
Gott ist eine ambivalente Größe, die sich in der Natur offenbart.
Recht: Im Rechtsbereich herrscht das mündliche Gewohnheitsrecht vor (Überlieferung, Wiederholung, Kontext).
Mathematik: Bei den Kerbhölzern und am-Strich-Rechnen stehen unterschiedliche Zahlzeichen für unterschiedliche Gegenstände. Quantität und Qualität unterscheiden sich nicht.

In einem abschließenden Kapitel wird den wechselseitigen Einflussnahmen und Umdenkungsprozessen nachgegangen und der Versuch unternommen, die Dynamik der Aufstände mit Hilfe der erarbeiteten Denkmodelle zu beschreiben.